Geflüchtete Jugendliche möchten Erste Hilfe lernen – PRIMEROS ist zur Stelle
Mit Hausbesuchen verbindet PRIMEROS eigentlich Erste-Hilfe-Kurse in Unternehmen und Arztpraxen. Dieser Besuch ist daher einer der besonderen Art: Jugendliche eines betreuten Wohnens in München baten darum, auch ohne Budget Kenntnisse für den Notfall beigebracht zu bekommen: „Wir möchten lernen, wie Erste Hilfe funktioniert, falls mal etwas passiert“, lautete die Anfrage. Gesagt, getan. Ausbilder Oliver Graminsky hat die Reanimationspuppe Little Anne eingepackt und ist nach München gekommen. Er hat den Interessierten nicht nur das Wichtigste aus der Ersten Hilfe beigebracht, sondern selbst etwas Wichtiges gelernt: Wer freiwillig einen Erste-Hilfe-Kurs besucht, ist mit ganzem Herzen dabei.
Ein Gefühl von Sicherheit
Im großen Saal eines Pfarramts, das für den Erste-Hilfe-Kurs freundlicherweise zur Verfügung gestellt wurde, trudeln die ersten Jugendlichen ein. Sie leben ganz in der Nähe in einer Wohngemeinschaft, in welcher die unbegleiteten, minderjährigen Flüchtlinge vollbetreut werden. Damit wird ihnen eine wertschätzende Umgebung und ein geschützter Raum geboten. Alle haben belastende Erlebnisse und Strapazen hinter sich. Nach monatelanger, manchmal jahrelanger Flucht können sich die Jungen verschiedenster Herkunft dort endlich in Sicherheit wiegen.
Um dieses Sicherheitsgefühl weiter zu stärken, ist ein Erste-Hilfe-Kurs genau das Richtige. Sollte sich jemand verletzen oder bewusstlos zu Boden fallen, wissen sie, wie sie schnell Hilfe leisten können. Dass sie aus eigener Initiative heraus entschieden haben, das lernen zu wollen, ist ein Zeichen von Stärke. PRIMEROS unterstützt dieses Engagement daher sehr gerne.
Sicher in der Ersten Hilfe sein
Im Halbkreis sitzend, schenken alle Ausbilder Oli in den nächsten Stunden ihre gesamte Aufmerksamkeit. Und die ist auch angebracht, denn Oli weiß genau, was er tut. Auf der Bühne fühlt er sich wohl, kennt er es doch aus der Stand-up-Comedy, der er leidenschaftlich nachgeht. Dementsprechend wird super viel gelacht und die Jugendlichen, die mal aus ihrer Heimat geflüchtet sind, können für einige Momente alles Negative vergessen, das ihnen in ihrem Leben widerfahren ist.
Thamara Logeswaran ist eine Betreuerin bei Condrobs e.V. und nimmt ebenfalls am Kurs teil. Sie freut sich, mit wie viel Begeisterung die Teilnehmer dabei sind. Die humorvollen Darstellungen von Oli sind genau das, was diese Jungen brauchen. Mit ganzem Herzen sind sie bei der Sache und saugen alle Informationen förmlich auf. Das Größte sind natürlich die Übungen, bei denen sie aneinander lernen, wie sie im Ernstfall reagieren sollen. Die Herkunft der Jungen spielt dabei keine Rolle. Auch sprachliche Hürden werden gemeistert. In dem Saal befinden sich zwölf empathische Menschen, mit einem unbändigen Durst nach Wissen.
PRIMEROS Ausbilder Oliver Graminsky zeigt die Überprüfung der Atmung bei einer bewusstlosen Person mit anschließender stabiler Seitenlage. Hamid, die drei Mohamads, Alireza, Anwar, Zabiullah sowie Betreuerin Thamara schauen gespannt zu
Das Auffinden einer regungslosen Person leitet Oli mit einer auf die Jugendlichen angepassten Geschichte ein. Diese sind ganz Ohr und fiebern mit. Der Ausbilder macht die Seitenlage mehrmals vor. Für die anschließende Übung legen sich die Teilnehmer auf eine Matte und üben jeweils zu zweit, bis sie sich sicher sind, diese perfekt zu beherrschen und nichts auszulassen. MJ sagt nach der Übung stolz: „Wir sind ein gutes Team!“. Alle anderen stimmen ihm zu.
Auch bei der Übung der Herz-Lungen-Wiederbelebung weiß Oli dieses doch recht ernste Thema aufzulockern. Nach dem Ansprechen einer bewusstlosen Person und dem Feststellen einer fehlenden normalen Atmung, zeigt er, wie zu reanimieren ist. Auch das üben die Teilnehmer so lange, bis sie sich sicher fühlen, es im Ernstfall zu können. Was es mit der Maske der Übungspuppe Little Anne auf sich hat, ist in diesem Beitrag zu finden.
Ausbilder Oli zeigt den Jugendlichen an der Little Anne, wie die Herz-Druck-Massage funktioniert.
Das Eingehen auf die Jugendlichen und deren Interessen ist eine von Oli`s Stärken. In der Ausbildung zum Erste-Hilfe-Ausbilder legt PRIMEROS vor allem Wert darauf, die Teilnehmer zu sehen und sich auf deren Bedürfnisse einzulassen. Es ist den Jugendlichen anzumerken, was sie gerade beschäftigt und bewegt. Sie sind offen und erzählen ein bisschen aus ihrem Leben. Es wird viel unterstützt und Verständnis gezeigt.
Herz-Kreislauf-Erkrankungen erkennen
Die häufigste Todesursache in Deutschland ist der Herzinfarkt. Oli steigt in das Thema ein, indem er so tut, als hätte er zerstörerische Schmerzen in der Brust. Die Teilnehmer erkennen noch weitere typische Symptome wie Atemnot und starkes Schwitzen. Der Ausbilder bespricht mit ihnen ganz genau, wie sie bei Verdacht auf einen Infarkt reagieren und welche Maßnahmen sie ergreifen sollen.
Auch beim Thema Schlaganfall besprechen sie die Anzeichen und Maßnahmen für Ersthelfer und üben den Schlaganfall-Test. Diesen führt man am besten schon beim ersten Verdacht durch. Was genau verdächtig ist? Eine halbseitige Lähmung kann auf einen Schlaganfall hindeuten, sogar nur im Gesicht, sowie Sprachstörungen und extreme Kopfschmerzen. Fällt jemandem auf, dass sein Gegenüber plötzlich nicht mehr normal sprechen kann oder bei einer Gesichtshälfte das Augenlied und der Mundwinkel unsymmetrisch runterhängen, sollte man folgendes tun: die betroffene Person soll einen Satz nachsprechen und dabei verständlich klingen. Auch kann die Aufforderung zu lächeln Entwarnung geben, sobald sich beide Mundwinkel heben. Ist sogar eine Körperhälfte gelähmt, macht sich das beim Nicht-heben-können beider Arme bemerkbar.
Viel Input für die Jugendlichen, aber superwichtig allemal. Im Kreis stehend, die Arme hebend und Oli nachsprechend, lernen sie den Schlaganfall-Test fast wie von allein. Und bei dem Gedanken an das Grinsen der anderen, gerät dieser bestimmt nicht so schnell in Vergessenheit. Trotz des hohen Spaßfaktors sind sich alle Teilnehmer bewusst, dass es sich um ernste Themen handelt.
PRIMEROS bildet Lebensretter aus
Weitere dieser Themen sind das Erkennen und Handeln bei Vergiftungen, Stromunfällen und bei einem Krampfanfall. Die Übungsbeutel voller Verbandsmaterial kommen bei der Vorbeugung eines hypovolämischen Schocks zum Einsatz. Oli simuliert pantomimisch eine stark blutende Wunde und zeigt seinen Schützlingen, wie sie in einem solchen Fall richtig handeln. Denn bei einem hohen Blutverlust besteht Lebensgefahr, weil die Organe nicht mehr mit ausreichend Blut versorgt werden. Maßnahmen sind dann, die betroffene Person zuerst in die Schocklage zu legen. Die Beine sind dabei erhöht, damit das Blut leichter in die lebenswichtigen Organe Herz, Lunge und Gehirn zurückfließt. Mit einer (Rettungs-)Decke sollte auf den Wärmeerhalt geachtet werden. Und mit dem Druckverband lässt sich die Blutung stoppen. Wie dieser richtig gemacht wird, lernt man am besten direkt in einem Erste-Hilfe-Kurs.
Oli checkt, ob die Teilnehmer ihre Druckverbände richtig angelegt haben.
Oli ist mit ganzem Herzen dabei, jugendliche Lebensretter auszubilden. Zum einen, weil sie von sich aus bereit waren, all das heute zu lernen. Und zum anderen, damit gelerntes Wissen auch im Notfall angewendet werden kann. Falsch ist in diesem Kontext nur, überhaupt keine Hilfe zu leisten, wegzusehen und weiterzugehen. Alle Menschen sollten regelmäßig zum Erste-Hilfe-Kurs gehen. Sicher ist das „Dankeschön“, das Personen ins Gesicht geschrieben steht, die mal auf Hilfe angewiesen sind. Denn ein Gefühl von Sicherheit tut uns allen gut.
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